Haus zur Rosen

Carola-Barth-Preis

Das FZRB fördert zahlreiche Nachwuchswissenschaftlerinnen und - wissenschaftler.
Haus zur Rosen
Foto: FSU Jena

Carola-Barth-Preis

Der von der Evangelischen Kirche in Mitteldeutschland gestiftete Carola-Barth-Preis des FZRB prämiert herausragende Abschlussarbeiten (Bachelor, Master, Lehramt, Diplom, Kirchliches Examen u.a.), die sich dem Thema religiöser Bildung widmen. Dabei können historische, empirische oder systematische Zugänge beschritten werden; die Abschlussarbeit kann in sämtlichen an der Friedrich-Schiller-Universität Jena angebotenen Studiengängen verfasst worden sein.

Der Preis fördert die von Studierenden geleistete Erforschung religiöser Bildung und wird seit 2015 jährlich verliehen.

  • Wer war Carola Barth?

    Wer war Carola Barth? – Religionspädagogin - Verbandsvertreterin - erste promovierte Theologin in Deutschland

    Carola Barth (1879-1959) gehörte vor noch nicht langer Zeit zu den ‚vergessenen Müttern der modernen Religionspädagogik’; dass dem nicht mehr so ist, verdankt sich insgesamt einem wachsenden Interesse an der Historie der Religionspädagogik und der Frauenforschung im Bereich der Theologie in den letzten 15 Jahren.

    Carola Barth stammte aus einem bildungsnahen bürgerlichen Elternhaus in Frankfurt a. M. Die Schul- und Studienzeit von Carola Barth fiel in die Umbruchphase der Mädchen- und Frauenbildung in Deutschland, für deren Entwicklung der Mädchen- und Frauenbildung die Wende vom 19. ins 20. Jahrhundert eine entscheidende Zäsur markiert. Die Forderungen der sich im 19. Jahrhundert etablierenden Frauenverbände nach einer gleichwertigen schulischen Ausbildung für Mädchen und Jungen sowie nach dem Zugang junger Frauen zum Universitätsstudium konnten allmählich durchgesetzt werden. Auch an der Universität Jena wurde das Frauenstudium 1907 eingeführt.

    Ostern 1899 legte Carola Barth das Examen am Frankfurter Lehrerinnenseminar ab, womit sie zwar formell die Unterrichtsbefähigung an Volksschulen erhielt, der Zugang zu einem Hochschulstudium allerdings noch nicht eröffnet wurde. Als Hospitantin des privaten Mädchengymnasiums zu Karlsruhe und gefördert durch Privatunterricht bestand sie 1902 am humanistischen Gymnasium in Hadamar als Externe die Abiturprüfung. Carola Barth war in der Studienwahl deutlich eingeschränkt und das Lehramtsstudium war neben dem Medizinstudium die einzige Möglichkeit der universitären Bildung für Frauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts.

    Carola Barth nahm ihr Studium der evangelischen Theologie und der Geschichte 1902 in Bonn und Marburg auf. Beide Universitäten galten gegenüber dem Frauenstudium als aufgeschlossen. Als eine der ersten Frauen in Deutschland bestand Barth am 2.3.1907 in Bonn die Prüfung ‚pro facultate docendi’ für das Lehramt an höheren Schulen und erhielt die Lehrbefähigung in den Fächern Religion sowie Geschichte für die Oberstufe und im Fach Deutsch für die Mittelstufe zuerkannt.

    An der Theologischen Fakultät in Bonn war es seinerzeit Frauen jedoch noch nicht möglich, promoviert zu werden. Dass das binnenuniversitäre Klima in Jena für die Zulassung des Frauenstudiums und damit auch der Weg zur Promotion von Frauen günstig war und bereits Ende des 19. Jahrhundert als aktuelle Aufgabe erkannt wurde, bestätigen zudem die dezidiert auf Frauenbildung ausgerichteten Jenaer Ferienkurse.

    Nach dem Studium und ihrer erfolgreichen Promotion in Jena begann für Barth ein zügiger beruflicher Aufstieg. Ostern 1908 nahm sie ihren Dienst als Lehrerin an der humanistischen Merlo-Mevissenschule in Köln auf. Im Herbst 1908 führte Barth eine Forschungsreise zu Ausgrabungsstätten im Libanon, in Palästina und Ägypten durch.

    Nach ihrer Rückkehr 1909 unterrichtete sie zunächst in Frankfurt a. M. und wurde dort 1911 zur Oberlehrerin ernannt. 1921 zur Direktorin des städtischen Lyzeums in Köln-Mülheim und 1925 der Mevissenschule ernannt, wurde sie schließlich 1926 zur Oberstudiendirektorin befördert.

    1934 verfügten die Nationalsozialisten die Schließung der Mevissenschule und Barth wurde aus dem Schuldienst entlassen. Barth trat im selben Jahr in den NS-Lehrerbund ein, weil sie, wie sie später erklärte, „eine gewisse Bindung zur Schule aufrecht zu erhalten wünschte.“ Aus der schulpolitischen Öffentlichkeit zog sie sich weitgehend zurück. Aufgrund ihrer Verdienste ernannte sie die Universität Königsberg 1927 zur Ehrendoktorin. In einer großen Zahl an Publikationen, zu denen Monografien, Aufsätze, Vorträge, Tagungsberichte, Rezensionen und Unterrichtswerke gehören, trat sie für einen entwicklungspsychologisch und religionsgeschichtlich begründeten Religionsunterricht ein. Zudem galt ihr religionspädagogisches Interesse dezidiert der Mädchenbildung.

    Carola Barths religionspädagogisches Denken bewegt sich im Rahmen der liberalen Theologie bzw. Religionspädagogik jener Zeit. Sie beobachtete eine wachsende Entfremdung der Jugend gegenüber institutionalisierten Kirche und stellte zugleich deren ‚ehrliches Verlangen nach Religion’ fest.

    Religionsdidaktisch verzichtete Barth auf eine ekklesiologische bzw. katechetische Begründung des Religionsunterrichts. Der Religionsunterricht ist für Barth nicht auf die Vermittlung und Aneignung eines bestimmten Bekenntnisses ausgerichtet, sondern primär auf die Befähigung zur Urteilsbildung über das eigene religiöse Befinden.

    Früh erkannte Barth die Notwendigkeit politischer Arbeit in Religionslehrerverbänden und kirchlichen Gremien. Ab 1913 war sie Vorsitzende des protestantisch-liberalen ‚Vereins für religiöse Erziehung’, der 1920 mit dem 1911 gegründeten ‚Bund für die Reform des Religionsunterrichts’ zum ‚Bund für Religionsunterricht und religiöse Erziehung’ vereinigt wurde, in dessen Vorstand Carola Barth ebenfalls tätig war. Als Fachvertreterin für den evangelischen Religionsunterricht nahm sie an den Deutschen evangelischen Kirchentagen (DEKT) von Dresden (1919), Bethel (1924), Königsberg (1927) und Nürnberg (1930) teil. 1919 war sie Mitglied im Deutschen Evangelischen Kirchenausschuss (DEKA) und wurde 1925 als dessen Delegierte zur ‚Allgemeinen Konferenz für Praktisches Christentum’, eine Vorläuferorganisation des Ökumenischen Rates der Kirchen, nach Stockholm entsandt.

Carola-Barth-Preis 2023

Carola Barth-Preis 2024

Foto: FZRB

Lukas Gräfe wurde mit seiner wissenschaftlichen Hausarbeit „Diversität abbilden. Das Konzept der Diversität in Abbildungen von Schulbüchern des Faches ‚Evangelische Religionslehre‘“ mit dem Carola-Barth-Preis ausgezeichnet. Die Preisverleihung fand im Rahmen der Semestereröffnungsfeier der Theologischen Fakultät statt.

„Diversität“ ist ein wichtiges Schlagwort der aktuellen politischen, kulturellen, pädagogischen oder auch rechtlichen Debatten. Doch was ist eigentlich Diversität, ist (religiöse) Bildung diversitätssensibel zu gestalten – und welches Konzept der Diversität liegt Schulbüchern im Religionsunterricht zugrunde? Diesen Fragen widmet sich Lukas Gräfe in seiner Arbeit.

Er beschäft sich mit den Abbildungen in Schulbüchern Evangelische Religion und prüft sie dahingehend, inwiefern dabei Diversität berücksichtigt wird. Er analysiert Abbildungen in der Schulbuchreihe „Kursbuch Religion“ nach Diversitätsdimensionen „Geschlecht“, „Hautfarbe“, „Alter“, „Sexuelle Orientierung“, „(Nicht-)Behinderung“, „Religion“ und „Körperbild“. Er hat insgesamt 521 Abbildungen mit 2.720 Personen hinsichtlich von 19.040 Merkmalen analysiert und kommt zu geradezu erschütternden Ergebnissen hinsichtlich der nicht-vorhandenen Diversitätssensibilität einer ausgewählten evangelischen Schulbuchreihe. So werden „Menschen mit Behinderung, Queeridentitäten sowie dicke bzw. dünne Menschen […] quantitativ massiv unterrepräsentiert dargestellt – ihr Anteil am gesamten Abbildungsarrangement beträgt jeweils unter 2%“ (S. 75). Der sog. N-Typ (also ein weißer, vermutlich heterosexueller Mann mittleren Alters ohne erkennbare Behinderungen) dominiert hingegen über 78% der Abbildungen.

Es ist zu wünschen, dass die in der Arbeit erlangten Einsichten auch einem größeren Fachpublikum zugänglich gemacht werden und dazu beitragen, die Schulbücher des Faches „Evangelische Religionslehre“ zukünftig diversitätssensibler zu gestalten. 

Preisträger:innen des FZRB-Nachwuchspreises

Joel Keller, Preisträger des Carola Barth Preis 2022

Foto: Joel Keller

2022

Joel Keller

Titel der Arbeit: »Protestantismus und bürgerliche Frauenbewegung. Glaube und Frauenbildungsfrage bei Helene Lange und Marie Martin«

 

Maja Friederike Menzel

Foto: Sonja Depper

2021

Maja Friederike Menzel

Titel der Arbeit: »Ökumene und evangelischer Religionsunterricht in Siebenbürgen«

Simon Sidney Hölscher

Foto: Simon S. Hölscher

2020 

Simon Sidney Hölscher 

Titel der Arbeit: »Neuer Antisemitismus – Eine ideengeschichtliche Betrachtung in Rückbindung an gegenwärtige Bildungskonzepte«

 

Jennifer Keller

Foto: Jennifer Keller

2019

Jennifer Keller

Titel der Arbeit: »Der Umgang mit Behinderung im Islam mit Schwerpunkt Türkei« 

 

B. Walther

Foto: Thomas Heller

2018

Bettina Walther

Titel der Arbeit: »Die Offene Arbeit in der DDR als Praxis der Kirche für andere - eine kritische Auseinandersetzung mit einer These Heino Falckes«

 

F. Wichmann

2017

Friederike Wichmann

Titel der Arbeit: »Reformation und Schule. Die Gründung der Klosterschule Roßleben im 16. Jahrhundert«

J. Etzel

2016

Janis Etzel

Titel der Arbeit: »Religion in der Familie«

 

G. Sethge

2015

Gordon Sethge

Titel der Arbeit: »Wenn Kinder sterben - Seelsorgliche Erwägungen«