Minseok Kang

Die Christenlehre in der Diaspora: Eine Studie zur Entstehung einer ökumenischen Öffentlichkeit in der DDR

Minseok Kang

Foto: Privat

Angaben zur Person:

Minseok Kang

 m.kang@uni-jena.de

Forschungsinteressen mit Bezug auf Diaspora:

  • Religiöse Minderheiten
  • Kirche in der DDR
  • Kirche im Sozialismus

 

 

 

Arbeitstitel

„Die Christenlehre“ in der Diaspora: Eine Studie zur Entstehung einer ökumenischen Öffentlichkeit in der DDR

Abstract

In dem geplanten Dissertationsprojekt soll der Einfluss der Diaspora(-identität bzw. -situation) und der Beitrag der einzigen religionspädagogischen Zeitschrift in der DDR, „Die Christenlehre“, zur Entstehung einer ökumenischen Öffentlichkeit in einer geschlossenen Gesellschaft untersucht werden. In einem ersten Schritt wird die Frage „Warum entstand eine ökumenische Öffentlichkeit?“ gestellt und der Zusammenhang von Diaspora, Ökumene und Öffentlichkeit unter Berücksichtigung der in jüngerer Zeit sozialwissenschaftlich und theologisch diskutierten Möglichkeiten der Diaspora untersucht. In einem zweiten Schritt wird die Frage „Wie entstand eine ökumenische Öffentlichkeit?“ gestellt und die Zeitschrift "Die Christenlehre" als ein Medium betrachtet, das zur Verbreitung und Anregung dieser Öffentlichkeit beigetragen hat. Dies soll unter kritischer Bezugnahme auf den sozialphilosophischen Öffentlichkeitsbegriff von Jürgen Habermas untersucht werden.

Der Diaspora-Diskurs in der Theologie hat in jüngster Zeit, angeregt durch den Diaspora-Diskurs in den Sozialwissenschaften, ein wachsendes Interesse an der Beziehung zwischen Diaspora und Ökumene sowie zwischen Diaspora und Öffentlichkeit gezeigt. (Vgl. Rose, 2017; Körtner, 2015; Klein, 2021) Trotz der Tatsache, dass das Selbstverständnis der Kirche bzw. der Religionspädagogik in der DDR sehr stark mit der Diaspora verbunden war, fehlte bisher eine ernsthafte Auseinandersetzung mit der Diasporaerfahrung in der DDR in ökumenischer Perspektive.(Klein, 2021) Es ist daher notwendig, das Verhältnis von Ökumene und Diaspora in der Religionspädagogik der DDR genauer zu klären. In der vorliegenden Studie wird die Diaspora sowohl als Hintergrund als auch als Ursache für die Entstehung der Ökumene in der DDR betrachtet und der Zusammenhang zwischen beiden anhand sozialwissenschaftlicher und theologischer Diskurse in Vergangenheit und Gegenwart aufgezeigt.

Die Themenfelder der Zeitschrift „Die Christenlehre“ in der DDR – wie z.B. ökumenische Themen und verantwortliches Leben – verweisen in vielerlei Hinsicht auf die in den letzten Jahren diskutierten Verständnisse einer öffentlichen Theologie resp. öffentlichen Religionspädagogik.  Vor allem eröffnet der von Habermas entwickelte Öffentlichkeitsbegriff die Möglichkeit, das kirchliche resp. religionspädagogische Zeitschriftenwesen der DDR am Beispiel der „Christenlehre“ aus einer neuen Perspektive zu interpretieren. Habermas betrachtet das „Publikum“ und die „Printmedien“ als die beiden Schlüsselkomponenten der bürgerlichen Öffentlichkeit, die zur Auflösung der sog. repräsentativen Öffentlichkeit führten. Das Publikum kommuniziert miteinander anhand der Printmedien als Ort freier Meinungsäußerung, wodurch die Voraussetzung des öffentlichen Diskurses als Grundmerkmal der bürgerlich-demokratischen, d.h. der offenen Gesellschaft geschaffen wird.(Vgl. Habermas, 1965) Während Habermas sich jedoch mit dem Übergang von der geschlossenen zur offenen, d.h. von ständischen zur bürgerlichen Gesellschaft beschäftigt, geht die Studie von einer Gleichzeitigkeit von Phänomen offener Gesellschaften, wie sie im kirchlichen Pressewesen als Ort einer staatlich unabhängigen Meinungsäußerung beispielhaft zu Tage tritt, in der ideologisch ‚geschlossenen‘ Gesellschaft der DDR aus. Ein Ziel der Studie ist es zu untersuchen, wie die religionspädagogische Zeitschrift "Die Christenlehre" bei der Entstehung der ökumenischen Öffentlichkeit in der DDR funktionierte und in welchen Kontexten und Perspektiven ökumenische Themen(z.B. Gerechtigkeit, Frieden, Bewahrung der Schöpfung, andere Konfessionen, Weltkirche usw.) in der Zeitschrift "Die Christenlehre" aufgegriffen wurden. Neben der ökumenischen Öffentlichkeit soll auch untersucht werden, welche anderen Öffentlichkeiten(z.B. Meinungsfreiheit) durch die Zeitschrift als religionspädagogische Zeitschrift geprägt wurden. 

Von den Ergebnissen der geplanten Studie kann erwartet werden, dass die Untersuchung der Zeitschrift „Die Christenlehre“ vertiefte Einsichten in die Rolle des kirchlichen resp. religionspädagogischen Pressewesens in der DDR erbringt. Zu erwarten ist auch, dass die Diaspora-Erfahrung und das Erbe der Religionspädagogik in der DDR in ökumenischer und öffentlich-theologischer Perspektive neu bewertet werden. Im Sinne des internationalen akademischen Wissenstransfers versteht sich diese Studie darüber hinaus als Beitrag zu der in Deutschland wie auch in Südkorea, dem Heimatland des Forschers, geführten Debatte um die öffentlichen Religionspädagogik und der öffentlichen Theologie.

Keywords: 

Die Diaspora, Die Zeitschrift „Die Christenlehre“, Die ökumenische Öffentlichkeit, Die Kirche in der DDR:

Projektlaufzeit

seit 10.2020

Förderung

Landesgraduiertenstipendium